Montag, 29. August 2016

Der erste Brettchenwebstuhl – was ist beim Kauf/Bau zu beachten


Wenn man noch nie brettchengewebt hat, dann sollte man nicht sofort einen Webstuhl kaufen. Es ist einfacher und bequemer damit zu arbeiten, als eine Kette quer durch die Wohnung zu legen. Aber weiß man auch, ob einem diese Handarbeit wirklich so gut gefällt, dass man um die hundert Euro für das Zubehör ausgeben will?
 
Webstuhl nach einem Fund aus Oseberg/Skandinavien 9.Jhd


Außerdem lernt man sehr viel, wenn man die ersten Borten nicht am Webstuhl webt.

Am Webstuhl kann man mit einer sehr hohen Spannung arbeiten, aber wenn man sozusagen selbst der Webstuhl ist, merkt man am eigenen Körper, wann die Spannung einfach ‚zu stark’ ist. Zudem lernt man, dass Borten beim Weben schrumpfen. Dann weiß man, dass der Webstuhl eine Spannungsregulierung braucht.

Jetzt hat man die erste Borte gewebt und möchte sich einen Brettchenwebstuhl zulegen, dann muss man sich entscheiden, ob es ein historischer Webstuhl sein soll oder ein praktischer moderner?

Historische Webstühle sehen so aus. Was auch immer die Verkäufer/Bauanleitungen behaupten, andere Typen gibt es nicht im historischen Kontext. Die einzige Alternative wäre noch, an einem Gewichtswebstuhl eine Brettchenborte zu weben (aber bitte kein Miniaturwebstuhl, das ist eine neumodische Erfindung).

Beim Bau/Kauf der historischen Webstühle muss man nur darauf achten, dass das Material und die Proportionen passen. Bequemes Weben ist keine Grundvoraussetzung.

Das ist jedoch etwas, was für moderne Webstühle wichtig ist. Sie sollen das Weben erleichtern und nicht mehr Arbeit machen.
       
 Moderne Webstuhl zum Weben am Tisch - hier ein 'Barde'
 
Für mich ist das Hauptkriterium, dass eine stufenlose Spannungsregulierung möglich ist. Wenn man die Spannung nur mit Umsetzen von Hölzern regulieren kann oder evtl. gar nicht, dann lasst die Finger davon (denn zwischen sehr lockerer Spannung und hammerharter Spannung kann man nicht gleichmäßig weben).

Ansonsten muss ein unendlicher Aufzug (schnellste Methode Borten aufzuketten) möglich sein. Damit fallen Webstühle, die auf beiden Seiten geschlossen sind, weg.
Sie mögen zwar toll aussehen, sind aber extrem unpraktisch. Und wozu kauft/baut man sich einen modernen Webstuhl? Er soll das Weben erleichtern, nicht aber Hürden aufbauen.

Auch sollte genug Platz sein, um zu arbeiten, sprich vor und hinter dem Brettchen sollten einige Zentimeter frei sein, damit man die Brettchen ggfs. sortieren und hin- und her schieben kann. Mein persönlicher Liebling ist da der Webstuhl Typ Staudigel, der dafür 95 cm berücksichtigt.
moderner Webstuhl, Typ Staudigel
 
Auch 'Kistenwebstühle’, wo Borte an beiden Seiten aufgewickelt werden, sind nicht so praktisch, wie sie im ersten Moment scheinen – die Spannungsregulierung der Fäden ist ‚ein anspruchsvolles Unterfangen’ und hat schon so manch einen dazu gebracht, alles genervt in die Ecke zu schmeißen.

Ob man nun selbst einen Webstuhl baut oder doch kauft, sollte jeder selbst entscheiden, allerdings lehrt die Erfahrung, dass man meistens 2-3 Webstühle baut, bevor man einen hat, der so funktioniert, wie man es haben will. Wirklich gute Webstühle kann man schon für knapp 100 Euro kaufen. 

Ich selbst arbeite mit zwei nach meinen Vorgaben gebauten historischen Webstühlen (Holzarbeiten ist nicht mein Ding...) und habe einen Staudigel und einen kleinen Barden, aber auch andere langjährige Anbieter wissen, wie man gute Webstühle baut. 

P. S.: Man kann auch gebrauchte Webstühle kaufen, muss dann allerdings aufpassen, dass man nicht die Fehlversuche von  'Selberbauern' kauft, das kann zu großen Frusterlebnissen führen.


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