Sonntag, 19. Juli 2015

Brettchengewebte Gürtel wie 'a' sind die?

Nachdem in den letzten Tagen immer wieder das Thema 'Funde von brettchengewebten Gürteln'  aufkam, habe ich den verregneten Vormittag damit verbracht, einmal meine Bücher zu wälzen und zu schauen, welche Brettchengewebe eindeutig als Gürtel verwendet wurden.

Um es kurz zu machen: Es gibt wenige erhaltene Funde. Ende des 14. und im 15. Jahrhundert gibt es dann wesentlich größere Anzahl von brettchengewebten Gürteln.

Gewälzt habe ich die Bücher, die ich in meiner Bücherliste habe und habe einige  Quellen aus dem Internet hinzugezogen. Zeitlicher Rahmen: Alles bis Ende des 15. Jahrhunderts.

Komplett ist sie noch lange nicht und ich freue mich über Ergänzungen.



Die Auflistung ist zeitlich sortiert

Ein Band aus Altrier/Lux, ca. 480 v. Chr., breite der Borte 3,7 cm. Da das Band aufgerollt und nicht an eine Kleidung genäht war, wird vermutet, dass es sich um einen Gürtel handeln könnte.
Altrier (LUX): A fresh look at the textiles. In: K. Grömer and F. Pritchard (eds.) 2015: Aspects of the Design, Production and Use of Textiles and Clothing from the Bronze Age to the Early Modern Era. NESAT XII, Budapest 2015, 117–124. 


Drei Gürtel aus dem Vaalermoor
Zeitliche Datierung schwierig: ca. 200 bis 400 nach Christus Aus 'Die Textilfunde der Eisenzeit in Norddeutschland', Karl Schlabow
Die Fundbeschreibung ist sehr drüftig, es ist nicht zu erkennen, wie diese Borten als Gürtel verwendet wurden, evtl. waren es einfache gebundene Gürtel ohne Schnallen oder ähnliches.  

Die Brettchengewebte Borte aus dem Mädchengrab der Fallward ist ins 4. Jhd. datiert. Von der hellroten Borte sind nur noch ca. 6-8 Brettchen erhalten. Es wurde wahrscheinlich als Gürtel verwendet. 
Frauke Kadereit, Das Mädchengrab der Fallward aus NESAT 7


St John's Cricket Field, Cambridge, Brettchengewebtes Fragment an einer Gürtelzunge oxidiert, 5./6. Jhd, Sheilag Lewins Website, Stand Juli 2015
(Edit Juni 2017: Aufgrund der Technik mit der die Borte gewebt wird, kann es auch sein, dass sie aus dem 14. Jhd. ist)  

Verzierung eines Gürtels in Chelles, 8. Jhd., aus Egon Wamers Patrick Périn (Hg.) Koeniginnen der Merowinger - Adelsgräber aus den Kirchen von Köln, Saint-Denis, Chelles und Frankfurt am Main, 2012

'Die Borten der Männerbestattungen aus Polling, Grab 2 und Grab 3 waren quer über dem Becken
angeordnet. In der Bortenmitte von Grab 3 befand sich eine Schnalle mit Laschenbeschlag, in
dessen Schlitz Reste von Goldfäden sitzen. Auch in einer Riemenzunge steckten Goldfadenreste. In
Grab 2 waren die Fäden in zwei Reihen mit einem Abstand von 2 cm angeordnet. Die
Interpretation als Verzierung eines Leibgurts liegt nahe.' (zitiert aus Ina Meissner, Untersuchungen an Goldtextilien des Frühen Mittelalters, 2010 


Der sog. Mariengürtel aus dem Museum St. Afra in Augsburg. Die Borten werden in das 9. Jhd. datiert. Aber ob sie ursprünglich für einen Gürtel verwendet wurden oder es wie so oft bei Reliquien eine Zweitverwendung ist...  


Ein Band aus Kirkkomäki (Finnland) burial ground 11. Jhd. Ob es wirklich ein Gürtel war, wurde nicht gesagt, aber es wurde in Hüfthöhe gefunden.
'Patterned Tablet-Woven Band - In Search of the 11th Century Textile Professional by Silja Penna-Haverinen, Nesat X



Funden aus der Gegend um Riga (livisch, d.h., ostseefinnisch) - 11. Jh., Borten wurden in Hüfthöhe gefunden. 
Zariņa, Anna (1988): Lībiešu apģērbs 10-13. gs 
(Hinweis von Renāte Siliņa-Piņķe)
   

Speyer, Gürtel Philipp von Schwabens, ca 1208  
Melanie Herget, "Des Kaisers letzte Kleider: Neue Forschungen zu den organischen Funden aus den Herrschergräbern im Dom zu Speyer", 2011 

Der Gurt für das Reichsschwert, Sizilien, 12. / 13. Jahrhundert;
Kunsthisorisches Museum Wien, Bilddatenbank Stand Juli 2015 

Gürtel aus dem Metropolitan Museum, 14. Jhd., Ursprung Italien
The Metropolitan Museum of Art, The Collection Online, Stand Juli 2015

Dundega, Laukmuiza, Lettland, 13./14. Jhd. Grab 4 ein ca. 3 cm breites in Hüfthöhe liegendes Band.
The 13th - 14th Century Cementery of Dundagas Laukmuiza, Latvijas Nacionala vestures Muzeja Raksti Nr. 30, 2021

Baden Baden, Vollständiger Gürtel, 128 cm lang, Brettchengewebt, Olivgrün aus dem 14.Jhd
Ilse Fingerlin, 'Gürtel des hohen und späten Mittelalters', 1971

Zwei Funden von Frauengūrteln aus Kurland (westliches Lettland) - 14. Jh.
Žeiere, Irita (2008): Arheoloģiskās liecības par apģērbu Latvijā 13. - 18. gadsimtā.
(Hinweis von Renāte Siliņa-Piņķe)

Erfurt, Gürtelfragmente von mindestens 16 verschiedenen brettchengewebten Gürteln.
vor 1349
Die Mittelalterlische jüdische Kultur in Erfurt Band 2 Der Schatzfung Analysen - Herstellungstechniken - Rekonstruktionen 

14./15. Jhd. Felixstowe/GB
Eine Gürtelschnalle mit einer brettchengewebten Borte, 13 Brettchen sind erhalten, ggfs. waren es mehr.
Grace M. Crowfoot - a medieval tablet woven braid from a Buckle found at Felixstowe


Hradec Kraloe, Um 1500 Seidenband
Die feste Borte ist aus Seidenfäden gewebt, zweifarbig, blau mit roten Mittelstreifen.
lt. Bild im Buch könnte es brettchengewebt sein.

Ilse Fingerlin, 'Gürtel des hohen und späten Mittelalters', 1971

Kopenhagen, Erich von Pommerns Gürtel, 1. Drittel 15. Jhd, sehr komplexes Muster  
 'A Study of Two Medieval Silk Girdles: Eric of Pomerania's Belt and the Dune Belt von Viktoria Holmqvist, Nesat X

Dune Belt 15. Jhd.
 'A Study of Two Medieval Silk Girdles: Eric of Pomerania's Belt and the Dune Belt von Viktoria Holmqvist, Nesat X

Dublin, Ende 15. Jhd.
Die Seidenborte ist laut Beschreibung des Buches in Köperbindung gewebt. Aber das Bild zeigt eindeutig eine Brettchenborte.

Ilse Fingerlin, 'Gürtel des hohen und späten Mittelalters', 1971

In Ilse Fingerlin, 'Gürtel des hohen und späten Mittelalters', 1971 gibt es noch 5-6 weitere Gürtel des 15. Jhd., die textile Grundlage haben und evtl. brettchengewebt sein könnten. Das Problem ist, dass 1971 das Wissen über das Brettchenweben noch nicht den heutigen Stand hatte und Funde deswegen immer wieder nicht als Brettchengewebe erkannt wurden.

Wie sieht das jetzt mit der historischen Darstellung aus, kann man bei so wenigen Funden im 11./12./13. Jahrhundert wirklich einen brettchengewebten Gürtel tragen?

Brettchengewebe im Hochmittelalter wurde hauptsächlich nur in Kombination mit unzähligen metallenen Gürtelbeschlägen/Gürtelstrecker gefunden und gehören somit zur 'gehobenen' Ausstattung.
In einer einfachen Darstellung passt es damit nicht so wirklich rein, da verwendet man am besten Leder, aber für eine gehobene Darstellung würde ich sie mit unzähligen Metallbeschlägen verwenden.

Edit:
Der Gürtel des Infanten Fernande de la Cerda ist entgegen der Musteranleitung auf Steinmaus Seite nicht komplett brettchengewebt.
'Für den Gürtel sind zwei Borten dich an den Längsrändern mit Kettenstichen zusammengenäht worden. Das untere Band ist aus hellgrün
er Seide in Köperbindung gewebt, wirkt aber wie Damast, weil doppelte Goldfäden die Diagonalgrate des Musters verstärken und sie deutlich vom Grund abheben. Das Gerüst des Musters bilden Rautenfelder, die mit Mäanderbändern und Swastiken gefüllt sind. Die obere Borte ist nur aus Goldfäden gewebt, jedoch in gleicher Bindung. Sie bildet die Unterlage für eine dichte und gleichmä0ige Perlenstickerei.' Ilse Fingerlin, 'Gürtel des hohen und späten Mittelalters', 1971
Diese Perlenstickerei wurde von Steinmaus als Köpertechnik nachempfunden.

Allerdings soll lt. Nancy Spies eine der Borten brettchengewebt sein.

6 Kommentare:

  1. Ich kann die Liste ergānzen mit zwei Funden von Frauengūrteln aus Kurland (westliches Lettland) - 14. Jh. und mehreren Funden aus der Gegend um Riga (livisch, d.h., ostseefinnisch) - 11. Jh.

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    1. Vielen lieben Dank. Gibt es dazu evtl. Literatur/Internetquellen? Dann werde ich es nachher reinnehmen.

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  2. Literatur ist leider nur lettisch:
    1) Žeiere, Irita (2008): Arheoloģiskās liecības par apģērbu Latvijā 13. - 18. gadsimtā. - ūber die kurischen Gūrtel. Meine Versuche dazu sind:
    a) https://www.pinterest.com/pin/369576713146812120/
    b) https://www.pinterest.com/pin/369576713141868448/

    2) Zariņa, Anna (1988): Lībiešu apģērbs 10-13. gs. - ūber die livische Kleidung, darunter auch Bānder in der Gūrtelhōhe, am ehesten Gūrtel. Die habe ich noch nicht versucht zu weben. Einige Beispiele sind aber da: http://www.weavershand.com/gallery25.html. Es gibt mehrere Bānder, ohne nachlesen kann ich nicht sagen, welche Gūtel waren.

    Aus dem 17. Jh. ist dann auch noch was...

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    1. Vielen lieben Dank, ich habe das jetzt in der Liste ergänzt - deine Rekonstruktionen kenn ich, hatte sie aber nicht mit Gürtel in Verbindung gebracht.

      Das 16./17. Jhd. habe ich jetzt nicht mit reingenommen.

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  3. What a handy list!

    I'd just like to add that the Dune belt is 14th century, not 15th. It was found together with a coin that's dated to the mid-14th century and it has even been suggested that it was buried when the Danes invaded Gotland in 1361, since it's part of a huge gold and silver hoard.

    And Eric of Pomerania's belt (the actual belt) is also dated to the 14th century, or even late 13th century by some. It's only the buckle and chape that are dated to the mid-15th century because of their stylistic elements. The rest of the fittings are 14th century.

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  4. What a handy list!

    I'd just like to add that the Dune belt is 14th century, not 15th. It was found together with a coin that's dated to the mid-14th century and it has even been suggested that it was buried when the Danes invaded Gotland in 1361, since it's part of a huge gold and silver hoard.

    And Eric of Pomerania's belt (the actual belt) is also dated to the 14th century, or even late 13th century by some. It's only the buckle and chape that are dated to the mid-15th century because of their stylistic elements. The rest of the fittings are 14th century.

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