Montag, 13. Oktober 2014

Die Textilkonferenz in London, Oktober 2014


London
Crafting Textiles from the Bronze Age to AD 1600:
A tribute to Peter Collingwood

Vom 10. – 11. Oktober war die Konferenz und ich bin darüber gestolpert, weil an dem ersten Tag sechs Vorträge über das Brettchenweben gehalten werden sollten.
95 Pfund Gebühren für zwei Tage  war zwar eine Menge Geld, ab für das Programm war es wirklich nicht zu viel.

Am Freitag ging um 7.00 h der Flug und alles lief so rund, dass wir noch vorher das Gepäck im Hotel abgeben konnten, bevor wir zur Konferenz gingen.


Peter Collingwood, the weaver and his legacy. (Linda Theophilus)

Ich gehöre einfach nicht zu den Leuten, die auf den Klappentexten die Biografien lesen und so waren auch die Jahreszahlen neben den Anekdoten sehr spannend für mich.
Ich wusste z.B. nicht, dass er Arzt war (laut dem Vortrag bezeichnete er sich als ‚bad doctor’) und diesen eigentlich gut bezahlten Job an den Nagel hing, um als Weber zu arbeiten.
Aber das analytische Denken hat er fürs Weben übernommen.

Tablet bands with stripes, meander and triangles – Bronze and Iron Age textile art from the salt mines in Austria (Dr. Karina Grömer)

Der Vortrag war eigentlich sehr spannend – aber irgendwie nichts Neues, sondern die Hallstatttextilien neu aufbereitet präsentiert.
Neu war die Theorie, dass die Brettchenweberei, obwohl es sich nicht um einheimische Fasern handelt, doch in Hallstatt hergestellt worden sein soll. Genau wie Hochdorf...
Das wage ich irgendwie zu bezweifeln. Da ist wohl jemanden der Patriotismus durchgegangen.
Besonders bei Hochdorf ist gut dokumentiert, dass diese feinen Materialien nur von Schafen kommen konnten, die nicht ständig nassgeregnet wurden, die somit aus dem Mittelmeerraum stammen mussten.
Und schon mal Wolle oder gesponnene Fasern im Koffer transportiert? Afaik wurde Wolle immer dort verarbeitet, wo die Schafe waren. Erst mit der Baumwolle änderte sich das.

Lions, goats and scrapes – toblet-woven bands from Fort Miran in the Taklamakan desert (Lise Raeder Knudsen)

Dieser Vortrag war soooooo genial. Es ging um diese Bänder Und zum ersten Mal wurde mir wirklich bewusst, dass nicht nur oben die Tierchen brettchengewebt wurde, nein auch der untere Teil war brettchengewebt, so dass die ganze Borte mit etwa 200 Brettchen gewebt wurde.
Es wird vermutet, dass es sich bei dem gefundenen Teilen nur um das Anweben des Bandes handelt.
Wie sagte Lese Raeder Knudsen es so schön ‚the weavers had problems starting – a common problem’.
Wer kennt es nicht, dass es am Anfang nicht funzt und man die ersten 20 – 30 cm in die Tonne hauen kann.

Auch sagte sie, dass es sehr schwer ist, sich in die Arbeitsweise von früher hineinzuversetzen weil die eigenen Gedanken zum Brettchenweben in Karopapier gepackt werden und man nicht weiß, wie es damals gemacht wurde.

Longobard brocaded bands from the Seprio: Production Movement and Satus (Paola Marina De Marchi)

Leider hatte die eigentliche Sprecherin am Vortag einen Unfall gehabt und so sprang ein Kollege ein und las den Vortrag vor.
Ein sehr netter Italiener, der besser deutsch als englisch sprach und dementsprechend hatte ich mit seinem Vortrag zu kämpfen.
Hatte ich einen Teil soweit verstanden war er schon wieder zwei Abschnitte weiter.
Irgendwann gab ich es dann auf und konzentrierte mich auf die Bilder der Überreste der Borte, die an die Wand geworfen worden war und versuchte, das Muster zu entwickeln.
Mein Versuch sah aber ganz anders aus, als die Zeichnung auf einer anderen Folie und so gab es in der Mittagspause noch eine sehr nette Diskussion mit dem netten Italiener (dessen Namen ich leider vergessen haben) Angelika, Sylvia und mir, wo wir eine Sequenz des Musters heraus arbeiteten.


Das Muster vom Vortrag
Meine Version
Das Ergebnis von der gemeinsamen Arbeit in der Mittagspause.



Die Sandwiches waren sehr lecker und es gab auch noch Vorführungen anderer Techniken, die mir durch diese Diskussion entgangen sind.

Evidence of tablet-weaving from Viking-age Dublin (Frances Pritchard)

Im NESAT 2 ist Frances Pritchard schon auf die Borten von Dublin eingegangen. Da hatte sie sich aber mehr auf die mit Gold und Silber broschierten Bänder konzentriert, während dieser Vortrag eine wirklich gute Übersicht über alles Brettchengewebte gibt.
Es wurden z.B. 30 (!!!) Brettchen aus Holz und Bein gefunden, die 37 mm groß waren.
Auch wurden viele Bilder von Wollborten und wie sie als Abschlusskante angenäht wurden gezeigt.
Und (für mich frustierend, weil falsch interpretiert) sie erklärte, dass in Nesat 2 die Punkte für die Broschur stehen.

The so-called Palermo bands (Dr. Regula Schorta)

Peter Collingwood hat in seinem Buch die Bänder als brettchengewebte Bänder erwähnt.
Hier wurde eindrucksvoll dargelegt, warum es eben keine brettchengewebten Bänder sind.
Schade, aber der Vortrag hatte mich überzeugt.

Aegean Bronze Age Weaving Techniques – a teacher’s perspective for their possible reconstruction with students (Dr. Agata Ulanowska)

Sehr interessanter Vortrag über die Vermittlung und die Auswertung von den Versuchen der Schüler.

Und danach war Feierabend.
Wir wollten aber noch etwas von London sehen und dank eines Tipps bei der Konferenz sind wir zum British Museum gelaufen, da das Freitags lange geöffnet ist.

Natürlich haben wir nur einen winzigen kleinen Teil anschauen können, aber wir wollten in die Räume
Sutton Hoo and Europe, AD 300–1100
Und Europe 1050 – 1400

Die hatten wir auch gefunden und in dem ersten Raum  gab es sogar das Original Brettchenband von Taplow Barrow incl. Rekonstruktion zu sehen.


Text vom British Museum
British Museum Raum 41


Am nächsten Tag ging es mit
The Story of Twist – Spinning as a Historical Craft (Dr. Katrin Kania)
weiter

Dieser Beitrag erklärt, warum es damals nicht um das Spinnen von ‚fluffiger’ Wolle ging. Und dass deswegen die Verzwirnung des historischen Materials viel höher ist, als bei den heutigen ‚Hobbyspinnern’.
Auch wird mir klar, dass ich noch an meiner eigenen Spinntechnik arbeiten muss.

Features and Analysis of Sprang Hairnets (Anne Kwaspen)

Sprang ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln und ich wusste gar nicht, dass es so viele unterschiedliche Haarnetze im historischen Kontext gibt.
Hier wurden etwa 30 vorgestellt, die sich in den Beständen von drei Museen befinden.
Spannend, dass die Wolle und Seide bei den Haarnetzen eigentlich immer bunt gefärbt war, während die Leinenfäden ungefärbt waren.

Tight-fitting Clothing in Antiquity and the Renaissance – Experimental Recuonstruction using the Sprang Technique (Carol James / Dagmar Drinkler)

Wer hat sich noch nicht gefragt, wie die Kleidung des bunt bemaltem skythischen Bogenschützen aus der Ausstellung ‚Bunte Götter’ hergestellt worden ist?
Die Antwort wurde in diesem Vortrag ganz einfach gegeben: Mit Sprangtechnik.
Zuerst konnte ich es nicht glauben, aber in diesem wirklich überzeugenden Vortrag, wurde ich eines besseren belehrt und ja, Sprangtechnik kann zur Herstellung von Hosen verwendet werden. Noch gibt es dafür keinen archäologischen Beweis. Aber der wird irgendwann kommen.

Am überzeugensten waren die fertigen Hosen, die man anfassen konnten. Mit dicker Wolle hergestellt waren sie warm, figurbetont und nach zwei Mal waschen so verfilzt, dass es nicht einfach aufribbeln konnte.

Für mich der beste Vortrag der Konferenz, weil man mit guten Argumenten, einem guten Vortragskonzept und viel Humor gearbeitet hat.
Deswegen ist Obelix Hose auch in Sprangtechnik gefertigt und extrem dehnbar ;-)

Structural analysis in the context of archaeology and the history of technology – sprang hairnets and braided girths (Hero Granger-Taylor)

Ich habe es wirklich versucht, bei diesem Vortrag dran zu bleiben, aber er war so langweilig und absolut unsortiert, dass ich gegen das Einschlafen kämpfen musste.
Sorry, davon ist nichts hängen geblieben.

Die Mittagspause habe ich dazu genutzt zum Handweavers Studio zu fahren und mich mit Garn einzudecken.

Leider hat das Kassieren sehr lange gedauert, so dass wir den Vortrag

Braided strings and Turk’s head knots (Joy Boutrup)

Verpasst haben.

From narrow 4-strand plaits to lattice-worked bobbin-made borders (Dr. Lena Dahren)

Dafür dass die Konferenz sich nur mit Textilien bis zum Jahre 1600 beschäftigte, war dieser Vortrag ‚spät dran’.
Er fing zwar im 13. Jhd an, aber die Hauptfunde dieser Technik stammen aus dem 17./18. Jhd.
Interessante Technik, die ich hier kennengelernt habe.

One thread – Three Techniques. Needle lace, fingerloop braided laces and sprang at Legberg Castle, East Tyrol (Beatrix Nutz)

Ein Vortrag über die Auffindung von verschiedenen Handarbeiten bei Ausgrabungen in Triol.
Die Sprecherin gibt offen zu, dass sie für die Ausgrabung zuständig ist, aber selbst nicht so viel Ahnung von Textilien hat, wie sie eigentlich bei diesem Fundkomplex benötigt.
Aber die Übersicht, über die Funde (15. Jhd.) ist beeindruckend.

Und das war der letzte Beitrag.
Das war auch gut, denn viel mehr hätte ich nicht aufnehmen können.

4 Kommentare:

  1. Weil mir aus dem Blogeintrag nicht so ganz klar ist, ob Frances' Erklärung richti angekommen ist: Die Punkte (Striche) bei den Diagrammen stellen die Abbindepunkte für die Broschur dar, nicht den Broschierfaden.

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    1. Dann habe ich ihren Antwort auf meine Frage falsch verstanden. Sie sagte, dass die Pünktchen die Broschur sind und alles ohne Pünktchen keine Broschur ist.
      Dann wäre nämlich diese Version http://www.pinterest.com/pin/417497827927357255/ richtig.
      Wenn das was du sagst stimmt, dann wäre meine 'nur' spiegelverkehrt:
      http://www.pinterest.com/pin/417497827927357247/
      Was stimmt denn nur??

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  2. Werden die Vorträge von der Konferenz auch veröffentlicht ? Gibt's da einen Sammelband wir bei den NESAT-Konferenzen, oder veröffentlichen die Sprecher ihre Inhalte separat?

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    1. Diese Frage konnte man mir bei der Konferenz leider nicht beantworten. Man versucht, etwas zusammen zu stellen, aber mehr konnte man nicht sagen.

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